Aktualität in der redaktionellen Arbeit – Die unterschätzte Größe bei der Content-Erstellung

Aktualität in der redaktionellen Arbeit

Eigentlich ist es eine Binse, aber tatsächlich kann man mit einem Thema zu spät oder zu früh dran sein. Für die Content-Erstellung hat das eine extrem große Bedeutung. Themen, die nicht aktuell sind, finden keine Leser. Was Aktualität bedeutet und worauf Sie bei der Themenwahl achten sollten.

Was Sie für die Content-Erstellung auch noch wissen sollten, erfahren Sie in unserem Seminar „Redaktionelles Arbeiten“.

Nichts ist älter als die Zeitung von gestern. Dieses Bonmont lässt sich genauso gut auch auf die Themen von gestern anwenden. Themen, die nicht aktuell sind, finden keine Leser – oder noch schlimmer, sie verärgern sogar die Leser. Tatsächlich gibt es für jedes Thema einen richtigen Zeitpunkt. Wie wichtig dieser Zeitpunkt ist, verdeutliche ich Ihnen an drei Beispielen, die für drei verschiedene Arten von Aktualität stehen: Unmittelbare Aktualität, latente Aktualität und saisonale Aktualität.

Unmittelbare Aktualität: Warum nach dem Spiel vor dem Spiel ist

Eines der beliebtesten Themengebiete der Berichterstattung ist die Veranstaltungsberichterstattung. Doch gerade hier stellt sich das größte Problem der Aktualität. Denn wenn eine Veranstaltung vorbei ist – ist sie eben vorbei. Das Interesse daran, was auf dieser Veranstaltung passiert ist, ebbt mit ihrem Ende schlagartig ab. Wie extrem dieser Effekt ist, zeigt das Beispiel Fußball Weltmeisterschaft. Ich habe bei Google-Trends die Suchfragen zum Suchbegriff „WM2018“ analysiert. Hier das Ergebnis:

Noch am 29. April 2018 war das Suchbegriff-Aufkommen bei Google zum Suchbegriff „WM2018“ minimal. Erst ab Ende Mai wächst das Interesse schlagartig. Der Höhepunkt der Suchanfragen wird ungefähr um den 1. Juli erreicht. Interessant: Schon ab diesem Zeitpunkt, nicht erst mit dem Ende der WM, nimmt das Interesse aus unterschiedlichen Gründen ab (Ende der Vorrunde, etc.). Nach dem Ende der WM am 15. Juli 2018 nähert sich das Interesse dann sehr schnell der Null-Linie. Das heißt: Nach der WM interressiert sich niemand mehr für die WM.

Tatsächlich funktionieren alle Veranstaltungen nach diesem Modell. Es gibt ein kurzes Zeitfenster der Vorberichterstattung. Dann während des Ereignisses ist das Interesse maximal. Nach dem Ende der Veranstaltung gibt es fast keinen Raum mehr für die Nachberichterstattung. Tatsächlich ist hier nach dem Spiel vor dem Spiel. Die (Fußball-)Menschheit schaut nun schon auf die nächste WM. Der Rest ist Schnee von gestern.

Für die Berichterstattung bei Veranstaltungen hat das zwei wichtige Konsequenzen:

  1. Die Berichterstattung muss so unmittelbar wie möglich sein – bis hin zur Berichterstattung in Echtzeit
  2. Die Berichterstattung nach der Veranstaltung muss sich auf die Inhalte der Veranstaltung fokussieren, die Auswirkungen auf das Heute oder die Zukunft haben

Latente Aktualität: Der Elefant, der im Raum steht

Es gibt Themen, die über einen langen Zeitraum wichtig sind. Sie sind latent aktuell. Sie sind der Elefant, der im Raum steht, selbst wenn alle anderen schon nach Hause gegangen sind. Als Beispiel habe ich hier die Suchanfragen bei Google für den Begriff „Digitalisierung“ analysiert.

Die Suchbegriffe für das Thema steigen seit 2015 kontinuierlich bis Ende 2018 an und bewegen sich dann auf hohem Niveau. Hier geht es nicht um ein konkretes Ereignis. Vielmehr haben wir es mit einem längerfristigen Trend zu tun. Themen, die sich auf einen solchen Trend beziehen haben grundsätzlich eine längere Halbwertzeit. Sie sind heute genauso interessant wie morgen.

Für die Berichterstattung heißt das:

  • Der Druck zur unmittelbaren Berichterstattung sinkt deutlich.
  • Texte im Internet zu latent aktuellen Themen finden über einen längeren Zeitraum Leser.

Saisonale und Intervall-Aktualität: Das Rad dreht sich immer weiter

Manche Themen kommen immer wieder. Dann sind sie weg. Dann kommen sie wieder. Wie die Jahreszeiten. Und tatsächlich gehören Jahreszeiten zu den wichtigsten Gründen für saisonale Aktualität. Ich habe mir das zum Thema Fahrrad bei Google mal angeschaut:

Es ist immer dasselbe Spiel: Im Winter ist das Interesse eher mau. Ist ja auch klar: Bei schlechtem Wetter möchte sich niemand aufs Fahrrad setzen. Das Interesse steigt dann mit den ersten Sonnenstrahlen im Frühling, also Ende Februar an und findet für die Sommertage ihren Höhepunkt, um danach stetig bis Ende Dezember zu sinken. Und im nächsten Jahr fängt es wieder von vorne an. Und dann im nächsten Jahr wieder von vorne. Wer einen langen Text über Fahrräder schreibt und am ersten Dezember auf seiner Webseite veröffentlicht, wird kaum Leser finden. Im Frühjahr kann es allerdings sein, dass sich doch plötzlich jemand für seinen Text interessiert.

Ähnlich funktionieren Themen auch in einem ganz kleineren Maßstab, als Intervall-Aktualität. Business-Themen werden zum Beispiel von Montag bis Freitag gelesen – aber nicht am Wochenende. Denn typischerweise werden Texte mit diesen Themen auf dem Rechner im Büro bei der Arbeit gelesen, das Wochenende hingegen gehört der Familie oder der Freizeit. Schulthemen wiederum werden auch (oder gerade) am Wochenende gelesen – aber nicht in den Ferien.

So sieht das für den Suchbegriff „Jobsuche“ bei Google-Trends aus:

Unter der Woche bleiben die Suchanfragen auf hohem Niveau. Am Wochenende hingegen nimmt das Interesse schlagartig ab.

Für die Berichterstattung heißt das:

  • Sommerthemen sind im Sommer erfolgreich, Winterthemen im Winter etc. – aber keine Sorge, wer seine Chance verpasst hat, bekommt ein Jahr später eine zweite Chance.
  • Manche Themen hängen auch vom Wochenrhythmus ab: Manches funktioniert nur werktags, anderes ist vor allem am Wochenende interessant

Timing ist alles

Timing ist letztendlich alles. Das gilt nicht nur für Musik und Fußball, sondern auch für die Themenwahl. Wer darauf schaut, dass seine Themen aktuell sind, ob nun latent, unmittelbar oder saisonal, der hat bei der Content-Erstellung schon sehr viel richtig gemacht.

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